Alltag ohne Auto – Anja, Daniel und das Bakfiets Classic Short Steps

Veröffentlicht von Anna am

Immer noch Corona und wir schauen auf die Städte, die die leeren Straßen spontan zum Radfahren und Spielen umnutzen! Wie wunderbar!

Pop-Up-Bikelanes, autofreie Innenstädte, Tempo 30? In Dortmund bleibt leider alles beim Alten… Da kam per E-Post das Interview von Anja, die kürzlich berufsbedingt mit Familie und Bakfiets von Dortmund nach Bremen gezogen ist und uns über ihr Lastenrad berichtet. Und über baulich getrennte und breite Radwege. Herrlich!

Dein Alltag funktioniert autofrei! Danke liebe Anja, dass Du uns darüber erzählst. Was für ein Fahrrad fährst Du?

Wir haben ein Bakfiet Classic Short Steps.

Warum dieses Modell? Welche Eigenschaften haben Dich überzeugt?

Wir haben zahlreiche Lastenfahrräder ausprobiert und fanden die Fahreigenschaften des Bakfiet für uns am angenehmsten. Wir haben ein kurzes Modell, in dem wir die Kinder gut unterbekommen und das Rad selbst aber dennoch kompakt als auch etwas wendiger ist. Es lässt sich durch die etwas kürzere Länge als bei anderen Lastenfahrrädern überall gut abstellen. Unser Rad hat zudem eine automatische Schaltung, so dass wir uns beim Fahren vor allem um den Verkehr und die Kinder kümmern können.

Wozu nutzt Du das Rad hauptsächlich? Beschreibe doch mal eine alltägliche Fahrt!

Wir nutzen das Rad vor allem für den Weg zu Kita und anschließend Arbeit sowie zum Einkaufen. Da die Kita in der Nähe meiner Arbeitsstelle ist, bringe ich die Kinder meist zur Kita und fahre danach einige Meter weiter bis zum Büro. Nachmittags packe ich die Kinder wieder ein und wir fahren gemeinsam zurück nach Hause. Auf dem Rückweg halten wir häufig noch kurz zum Einkaufen oder machen einen Halt bei Freunden oder am Spielplatz. Da ein ganzer Wocheneinkauf plus Kind in den Aufbau passt, sind auch größere Erledigungen kein Problem.

Was transportierst Du alles mit Deinem Rad und was war die bisher größte Ladung, die Du transportiert hast?

Vorrangig transportieren wir die Kinder sowie Einkäufe im Rad. Sind beide Kinder mit im Rad passt noch ein Einkauf unter die Bank bzw. Füße. Wir überlegen, noch einen weiteren Korb hinten auf dem Gepäckträger anzubringen, um die Transportmöglichkeiten noch etwas zu erhöhen. Für unseren alltäglichen Gebrauch reicht der Platz aber meist völlig aus. Größere Altpapier und Altglasmengen lassen sich auch gut zur Sammelstelle bringen.

Wo fährst Du lang und wie viele Kilometer fährst Du ungefähr am Tag / in der Woche?

Wir sind kürzlich nach Bremen umgezogen und sind begeistert über die deutlich bessere Infrastruktur hier im Vergleich zum Ruhrgebiet. Der Weg zur Kita bzw. Arbeit liegt fast durchgehend auf Radwegen. Wir fahren etwa 6 Kilometer pro Strecke, das heißt in der Woche kommen wir mit allen zusätzlichen Fahrten auf etwa 80-100km.

Was war die schönste Fahrt oder was findest Du an Deinen Fahrten besonders schön?

Wir haben vor Kurzem unsere erste größere Fahrradtour mit dem Lastenrad durch das nahegelegene Naturschutzgebiet gemacht. Wir genießen es sehr, mit den Kindern gemeinsam das Radfahren zu erleben. Im Fahrradanhänger hat man während der Fahrt früher nicht so viel voneinander mitbekommen, konnte nicht gut auf Dinge in der Umgebung hinweisen oder Bedürfnisse der Kinder wahrnehmen. Unsere Kinder fahren sehr gerne mit dem Lastenfahrrad und übernehmen immer die Rolle der Jukebox vorne in der Kiste. Durch die E-Unterstützung des Fahrrades muss man zudem nicht mehr penibel auf die Art der Fahrradstrecke achten. Steigungen oder mittlerweile der Wind hier im Norden machen einem so mit den 30 Kilo extra Gewicht durch die Kinder nicht mehr so viel aus.

Ist Dein Lastenrad denn wirklich ein Ersatz fürs Auto?

Seitdem wir das Lastenrad haben nutzen wir das Auto sehr viel weniger. Wir sind tatsächlich auch bei Regenwetter häufiger auf’s Rad gestiegen. Mit dem Fahrradanhänger vorher fiel die Entscheidung sehr viel häufiger gerade bei Regen dann doch auf’s Auto, da die Anstrengung mit Anhänger sehr viel höher war. Mittlerweile fahren wir viele Strecken sehr viel lieber mit dem Rad, da wir vor allem auch keine Lust auf Parkplatzsuchen und im Stau stehen haben. Bei größeren Transporten (Ikea und co), oder einfachen Strecken über 20km nehmen wir auch das Auto.

Gab es auch schon negative Erfahrungen?

Mit dem Lastenrad selbst eigentlich nicht. Wenn war es eher plötzlich einsetzender Regen und die vergessene Regenkleidung oder kalte Hände im Winter. Durch ein Regenverdeck bleiben die Kinder trocken, während man selbst auch mal sehr nass wird. Wenn man sowas noch abstellen könnte… Positiv ist: gefühlt fahren Autofahrer mit etwas mehr Abstand an uns vorbei.

Ein ganz großes Problem beim Lastenrad ist ja das sichere Abstellen. Wie hast Du das gelöst?

Zuhause steht unser Rad in der Garage und unser Auto dafür draußen. Für das Abstellen außerhalb von Zuhause haben wir uns zusätzlich zum integrierten Schloss ein dickes Kettenschloss gekauft, so dass wir immer mit mindestens zwei Schlössern das Rad sichern können. Bei längeren Abwesenheitszeiten nehmen wir immer auch den Akku mit.

Wo siehst du Verbesserungsbedarf in der Infrastruktur für den Radverkehr in Dortmund?

Wir haben nun den Vergleich hier in Bremen und sind wirklich erstaunt, wie schlecht die Infrastruktur in Dortmund eigentlich war. Es braucht viel mehr ausgezeichnete/baulich getrennte und breitere Fahrradwege. Hier in Bremen sind mittlerweile viele Straßen als Fahrradstraßen ausgezeichnet. Zudem gibt es fast überall ausreichend Möglichkeiten, Fahrräder anzuschließen. Insgesamt sind aber auch viel mehr Menschen mit dem Fahrrad unterwegs, so dass das Bewusstsein für Radfahrer*innen ein ganz anderes ist, was sich sowohl im Verhalten aller als auch der Infrastruktur zeigt.

Eine Familien- und fahrradfreundliche Verkehrspolitik – wie sieht die für Dich aus?

Insbesondere für Kinder braucht es viel mehr sichere Radwege, auf denen sie sich langsam an ein sicheres Radfahren im Verkehr mit allen Verkehrsteilnehmer*innen herantasten können. Selbst hier in Bremen mit relativ guter Radinfrastruktur ist es für uns nun eine Herausforderung unsere große Tochter langsam an das Radfahren auf allen Strecken heranzuführen. Es braucht unbedingt breitere Fahrradwege und insbesondere für alle Verkehrsteilnehmer*innen baulich getrennte Wege, um das Unfallrisiko zu minimieren.

Gibt es sonst noch etwas zu sagen?

Je länger wir es haben, desto zufriedener werden wir und das Auto bleibt immer häufiger stehen. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, sich im Vorfeld nicht nur theoretisch zu informieren, sondern auch einige -auch sehr verschiedenen- Modelle praktisch zu erproben. Uns wurde im Verlauf von Testfahrten zum Beispiel Sachen wichtig, an die wir zum Teil vorher gar nicht dachten. Auch das Fahrgefühl war interessanter Weise sehr unterschiedlich zwischen den Herstellern/Modellen. Ein paar Runden mit Last vorab mit verschiedenen Modellen zu erproben, würden wir daher auf jeden Fall allen Neulingen empfehlen.


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