Alltag ohne Auto – Maria und das Urban Arrow

Veröffentlicht von Anna am

Maria und das Urban Arrow (Foto: Maria)

Bald ist es soweit! Wir gehen wieder an den Start und fahren mit Euch durch unsere Stadt! Am 22.3.2020 findet die 2. Kidical Mass in Dortmund statt! Wir freuen uns! Denn wir brauchen eine fahrrad- und familienfreundliche Verkehrspolitik und haben uns mal umgehört. Was heißt das eigentlich für euch? Wie seid Ihr so unterwegs?

Heute erzählt uns Maria aus Dortmund von ihrem Alltag mit Fahrrad in Dortmund. Sie ist ziemlich schnell unterwegs, mit einem tollen Lastenrad mit dem sie all ihre Kinder transportieren kann. Davon hat sie sogar vier. Wie geht denn das, wollten wir wissen und haben viele Antworten bekommen.

Wir freuen uns auch über Eure Erfahrungen! Schreibt uns, was Ihr zu berichten habt an kontakt@kidicalmass-dortmund.de!

Liebe Maria! Dein Alltag funktioniert autofrei! Danke, dass Du uns darüber erzählst. Was für ein Fahrrad fährst Du?

Ich fahre ein Urban Arrow Family.

Warum dieses Modell? Welche Eigenschaften haben Dich überzeugt?

Wir wollten ein einspuriges Fahrrad haben, aber gleichzeitig brauchen wir mit vier Kindern einen Großtransporter. Mit dem Urban Arrow können wir nun alle vier Kinder zusammen transportieren. Drei Kids sitzen vorne in der Transportbox, und das Vierte nimmt bei Bedarf auf einem Sitz auf dem Gepäckträger Platz. Also ein echtes SUV 😊 (Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass eine Fahrt mit vier Kindern nicht täglich vorkommt und ein hohes Maß an Konzentration erfordert. Am liebsten fahre ich mit zwei Kindern.) Außerdem mag ich diese Schaumstoffkiste. Im Falle eines Sturzes sind die Kinder recht gut geschützt. Und im Winter ist sie thermoisolierend. Eine Freundin verglich die Kiste mal mit einer Thermobox eines Pizzabringdienstes.

Wozu nutzt Du das Rad hauptsächlich? Beschreibe doch mal eine alltägliche Fahrt!

Ich benutze das Fahrrad für alle Fahrten, die in unserer großen Familie so anfallen. Einkaufen, Kinder zu Freunden, Fußball, Turnen, Tanzen bringen. Und selbstverständlich für Fahrten zur Kita, Schule und Arbeit.  Ich mache mit dem Fahrrad alle Einkäufe. Zwei Kisten Wasser und der gesamte Wocheneinkauf in einer Fuhre sind kein Problem.

Was transportierst Du alles mit Deinem Rad und was war die bisher größte Ladung, die Du transportiert hast?

Hauptsächlich transportiere ich Kinder. Teilweise gehen sie unter Taschen, Sportbeuteln, Gitarre, Salatköpfen und Brötchentüten unter. Die größte/schwerste Ladung war ich selbst. Mein Mann hat mich durch die Fußgängerzone gefahren. Voll cool, das fühlt sich ein wenig an wie Achterbahnfahren. Seitdem kann ich verstehen, warum die Kids so gerne mitfahren.

Wo fährst Du lang und wie viele Kilometer fährst Du ungefähr am Tag / in der Woche?

Ich fahre hauptsächlich in der Innenstadt. Bevorzugt auf den einigen wenigen Fahrradwegen.

Wir wohnen in Dortmund im Osten der Innenstadt, unser Kindergarten befindet sich in der Nähe des Westfalenstadions. Bis dorthin sind es ca. 5 km. An Tagen, an denen ich arbeite, geht die Fahrt nach dem Abliefern der Kindergartenkinder dann weiter zu meiner Arbeitsstätte in der Nähe vom Zoo, das macht weitere 4 km. Nachmittags dann diese Strecke wieder zurück und ein bisschen weiter bis zur Schule. So komme ich auf ca. 20 km.  Nach Schul- bzw. Kindergartenschluss geht das Kinderverteilen und Einsammeln los. Durchschnittlich fahre ich in der Woche ca. 100 km; nach 10 Monaten im Gebrauch zeigt der Tacho heute 3500km an.

Was war die schönste Fahrt oder was findest Du an Deinen Fahrten besonders schön?

Eine spezielle Fahrt kommt mir gerade nicht in den Sinn. Wir lieben es, morgens bevor die Geschäfte öffnen durch die Fußgängerzone zu düsen. Wir haben unsere kleinen Spielchen, z.B. fragen wir uns schon beim Losfahren, ob im Schaufenster eines Spielwarenladens die Kuscheltiere noch so positioniert sind, wie am Tag zuvor. Jetzt zur Weihnachtszeit drehen wir jeden Morgen eine Runde um den großen Weihnachtsbaum und kurven durch die Gassen der Weihnachtsmarktstände. Auf Wunsch gibt es noch Extrarunden um die Karussells herum. Für diese kleinen Späße finden wir jeden Morgen Zeit – egal wie stressig die alltägliche Morgenchoreographie zuvor war.

Für mich ist die Bewegung und „frische“ Stadtluft essentiell. Ich brauche das, um Adrenalin und Stress abzubauen. Ich mag das Gefühl, dass ich das Tempo bestimmen kann. Für mich sind alle Fahrten zeitlich kalkulierbar. Staus spielen mit dem Lastenrad überhaupt keine Rolle. Paradoxerweise erreicht man nicht dieselben Geschwindigkeiten wie mit dem Auto, aber trotzdem bin ich unterm Strich schneller unterwegs. Parkplätze suche ich nie, stattdessen parke ich in der ersten Reihe, meist direkt vor der Tür. Somit kann ich viele Dinge nebenbei erledigen, da ich im wahrsten Sinne des Wortes mal eben schnell in Geschäfte „reinspringen“ kann.

Fahrradfahren ist sehr kommunikativ, insbesondere an Ampeln ergeben sich gelegentlich amüsante Gespräche und Begegnungen.

Ist Dein Lastenrad denn wirklich ein Ersatz fürs Auto?

JEIN.

Es gibt Wochen, da bewegen wir als Großfamilie unser Auto nicht. Für die vorhin beschriebenen Fahrten brauchen wir kein Auto. Schwierig wird es z.B., wenn unsere Kinder und deren Freunde dabei sind. Für solche Fahrten oder für Fahrten ins Sauerland setzen wir uns ins Auto. (Naja, wenigstens sitzen wir dann mindestens zu fünft im Auto…)

Als wir uns das Lastenrad bestellt haben, hatte ich Bedenken, ob wir nicht zu ambitioniert waren. Meine Sorge war, dass wir es doch nicht so häufig nutzen wie vorgenommen. Der Anschaffungspreis ist für ein Fahrrad ja schon recht hoch. Aus heutiger Sicht ist es einer der besten Anschaffungen, die wir je getätigt haben. Mein Alltag ist ohne Lastenrad nicht mehr zu bewältigen. Es kostet mich mittlerweile große Überwindung ins Auto zu steigen. Dies tue ich tatsächlich nur sehr zögerlich und nach Erwägung aller Optionen. …und mit schlechter Laune.

Gab es auch schon negative Erfahrungen?

Natürlich hatten wir auch ein paar unschöne Momente. Nämlich bei gefährlichen Verkehrssituationen mit unaufmerksamen Autofahrern oder schlechten Straßenverhältnissen. Riskante Überholmanöver, zugeparkte Fahrradwege, Rechtsabbieger ohne Schulterblick, rutschige, nichtgeräumte Fahrradwege, Schlaglöcher, NICHTVORHANDENE FAHRRADWEGE und vieles mehr gehören in Dortmund zum Fahrradfahren dazu.

Ein ganz großes Problem beim Lastenrad ist ja das sichere Abstellen. Wie hast Du das gelöst?

Wir haben eine Garage und zwei gute Schlösser.

Wo siehst du Verbesserungsbedarf in der Infrastruktur für den Radverkehr in Dortmund?

Deutlich gekennzeichnete Fahrradwege. Die paar rot angemalten Radwege an den Kreuzungen sind schonmal ein guter Anfang. Es gibt aber etliche Straßen mit – freundlich formuliert – fragwürdiger Verkehrsführung. Das irritiert die Fahrrad- aber auch die Autofahrer.

Verbesserungswürdig ist auch die Pflege bzw. Räumung der vorhandenen Fahrradwege. Ein Beispiel: Ich bin begeistert von den Fahrradwegen auf der ehemaligen Bahntrasse zwischen City Ost und Phoenix West. Das sind super Fahrradwege, quasi grüne Tunnel mitten durch die Stadt. Allerdings sind sie momentan kaum befahrbar, da seit dem Sommer keine Räumung stattfand. Auf der Bahntrasse liegt derzeit eine dicke glitschige Matschschicht.

Eine Familien- und fahrradfreundliche Verkehrspolitik – wie sieht die für Dich aus?

Generell mehr Radwege und Radwege, die kinderleicht als Radwege zu erkennen sind. AUCH für Autofahrer.

Und in der gesamten Innenstadt ein Tempolimit von 30 km/h. Wer schonmal sein Kind auf einer Straße, z.B. der Lindemannstraße, auf der der Fahrradweg mit einer gestrichelten Linie rechts am Fahrbahnrand markiert ist, durch die Stadt gelotst hat, weiß welche Ängste man durchsteht, wenn Autos und LKW mit 50km/h an dem Kind vorbeirauschen. Ich bin davon überzeugt, dass bei einem Tempolimit von 30km/h auch Autofahrer keine signifikanten Zeiteinbußen haben werden und sich so auch das übermäßige Beschleunigen bis zur nächsten roten Ampel verhindern lässt. Außerdem habe ich die Hoffnung, dass einige Autofahrer dann doch lieber aufs Rad steigen. Ist ja schließlich dämlich, mit einem SUV (auf vier Rädern) mit 30 km/h durch die Stadt zu tuckern!

Gibt es sonst noch etwas zu sagen?

Fahren mit einem E-Lastenrad ist innerstädtisch die schönste Fortbewegungsart, die es gibt. Ein Leben ohne Lastenrad ist möglich aber sinnlos.


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